Unser Alltag, unser Arbeitsalltag und unsere Unternehmensstrukturen werden sich mit den kommenden technologischen Möglichkeiten verändern. Das zentrale Moment bilden hier smarte Technologien, die Industrie 4.0 und deren Vernetzung.
Smarte Konzepte und Technologien werden unseren Lebensalltag im Beruf und in der Freizeit begleiten und die Industrie 4.0 wird unsere Produktionen revolutionieren. Beides wird von Innovationen der künstlichen Intelligenz (KI), des Machine Learning (ML) und der Robotik begleitet sein.
Eine alte Weisheit besagt: „Wo Licht ist, fällt auch Schatten.“ Sich hier jedoch nur auf den Schatten zu konzentrieren, wäre genau so wenig zielführend, wie die Diskussion nur auf die Chancen zu verkürzen. Alles in allem stellt sich die Frage, ob wir überhaupt eine Wahl haben, d.h. ob wir uns im Zweifel sogar von dieser Entwicklung freisagen könnten.
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass sich etwas einmal Gedachtes stets auch durchgesetzt hat. Dabei können Entwicklungen bivalent sein. Denken wir an die Atomkraft als positives und die Atombombe als negatives Moment, einer Entwicklung. Wir haben also nie die Wahl „ob“, wohl aber den Gestaltungsraum „wie“ wir eine Entwicklung begleiten und einsetzen. Doch welche Fragen könnten sich uns hier stellen?
Die Diskussion um die Industrie 4.0, KI und ML wirft derzeit Fragen auf, die sich mehr mit Ängsten als mit Chancen befassen.
Ein zentrales Argument der KI-Skeptiker ist die Kapitalismuskritik, die Szenarien vor allem an der bestehenden Ordnung misst. Sich immer rasanter ändernde Verhältnisse erwarten jedoch nicht konservativ am alten Unhaltbaren festzuhalten, sondern die Gesellschaft und Wirtschaft für die Zukunft aufzustellen und den Veränderungen ins Auge zu sehen.
Ich denke wir werden in naher Zukunft erleben, dass sich die Produktivität durch KI, ML, Robotik und die Globalisierung weiter vom lokalen Arbeitnehmerbedarf entkoppeln wird. Mit fortschreitender Automatisierung werden zunehmend weniger Arbeitnehmer die gleiche Produktionsleistung erbringen. Das Outsourcing von Arbeit in Billiglohnländer tut dabei seinen Rest. Eine mögliche Konsequenz wäre es, dass sich unsere Gesellschaft in eine Art wertschöpfenden und eine Art werterhaltenden Anteil gliedern wird, weil immer weniger Bürger an der Produktion beteiligt sein könnten. Die Beteiligung der Bürger an der Produktion wird hier zunehmend von ihrer Qualifikation abhängen. Doch welche Qualifikation wird von den Arbeitnehmern zukünftig erwartet?
In der öffentlichen Debatte wird stets festgestellt, wir bräuchten in Zukunft immer mehr hochqualifizierte Arbeitnehmer. Die KI denkt jedoch mit, korrigiert selbständig und plant voraus. Es ist also davon auszugehen, dass gerade die Kombination von KI, ML, Robotik und Automation zu Produktionsprozessen führen wird, die kaum noch bedient, sondern eher betreut werden müssen. Die Betreuung wird so intuitiv werden, dass Arbeitnehmer in kürzester Zeit angelernt werden können. Die Technologie der Smartphones hat bereits gezeigt, wie eine komplizierte Technologie derart intuitiv bedienbar sein kann, dass sie jeder bedienen kann. Final könnte jeder zu jederzeit austauschbar sein. Lediglich in der Sparte der Entwicklung würden hochqualifizierte Kräfte erforderlich sein. Diese Gruppe der Bürger würde soweit die wertschöpfenden Innovationen herbeiführen. Wie könnten sich aber Arbeitsfelder außerhalb und innerhalb der Produktion entwickeln?
Die digitale Organisation von z.B. Zulieferdiensten hat zur Folge, dass immer weniger Arbeitnehmer immer größere Pensen absolvieren müssen. Wird der Mensch hier zum Lastesel, der ein Pferderennen gewinnen muss? Es ist davon auszugehen, dass die derzeitige Rationalisierung nur eine Umbruchzeit zeichnet. Zukünftig ist davon auszugehen, dass kaum noch Menschen, sondern Drohnen und kommende Technologien disponiert werden. Der Mensch wird schlicht kaum noch benötigt.
Neue Entwicklungen der Robotik sehen Hilfssysteme vor, die es Bürgen ermöglichen sollen, auch bei schwindenden Kräften, bis ins hohe Alter zu arbeiten. Eine aktuelle Entwicklung sind beispielsweise Roboterarme, die durch die Gestik gesteuert werden können und so auch schwere Arbeiten durch ältere Menschen ausführen lassen könnten. Es scheint als würde man den letzten Saft aus einer Zitrone pressen wollen. Doch worin liegt die Ursache? Eine Ursache könnte es sein, dass unsere Politik ein immer höheres Renteneintrittsalter anstrebt. Arbeitgebern bleibt dann keine andere Möglichkeit, als neue Konzepte der Arbeitsplatzinfrastruktur zu entwickeln. Positiv betrachtet könnte diese Technologie Menschen mit Handicap den Arbeitsmarktzugang ermöglichen. Warum sollte ein Unternehmer dann seine Robotik nicht aber direkt vollständig automatisieren, um z.B. Personalkosten zu sparen?
Spätestens mit diesem Argument sprechen vor allem linke Politiker von Profitgier. Diesem Vorwurf ist der Zweck der Wirtschaft entgegenzusetzten.
Die Wirtschaft sollte nur einen einzigen Zweck haben. Sie soll den Wohlstand schaffen und sichern, aus dem wir alle leben. An diesem Wohlstand partizipieren alle Bürger direkt oder indirekt. Die Neiddebatten, gegenüber den Machern des Wohlstands, sind ein schädliches Werkzeug linker und grüner Politik. Wer den Wohlstand der Bürger organsiert, dem sollte Anerkennung statt Neid entgegengebracht werden.
Zudem ist der Profit in einem Unternehmen erforderlich, um Kapital für Investitionen und Rücklagen bereitzustellen. Wer im Wettbewerb nicht am technologischen Puls der Zeit bleibt und investiert, wird nicht überleben. Er wird schlicht nicht konkurrenzfähig sein.
Dass Unternehmen diese Rationalisierung also mitgehen werden, ist eine Frage ihres Überlebens, nicht der Profitgier.
Die logische Konsequenz der Industrie 4.0 wird die Smart Factory (SF) sein. In dieser technischen Evolutionsstufe werden sich vernetzte Produktionssysteme in Echtzeit dynamisch selbst organisieren. Das System weiß dann zu jeder Zeit, welche Produkte wann, in welcher Stückzahl und wo erforderlich sind. Die SF wird selbständig die erforderlichen Ressourcen in Recycling-Prozessen generieren oder beauftragen. Autonom, vom Arbeitsmarkt entkoppelt, wird sie ihre Margen durch weniger Stillstand und selbst lernende Kontrollsysteme optimieren. Der „Fehler Mensch“ wird durch die KI substituiert sein. Selbst der Warentransport wird mehr und mehr durch autonome Transportmittel geleistet werden. Fahrzeitbeschränkungen und Fernfahrer im Schwerlastverkehr werden wir aus Geschichtsbüchern kennen.
Egal wie man es dreht und wendet, die Arbeitsmarktrationalisierung wird in viele Sektoren wirken.
Derzeit befinden wir uns dort in einer Übergangsphase, in welcher der Mensch noch nicht vollständig ersetzt werden kann. Für diese Übergangszeit benötigen wir Konzepte, welche die zu erwartende Rationalisierung gestaltet und keine Träumereien diese unaufhaltbare Entwicklung zu stoppen oder zu ignorieren.
Die Lösung kann zwischen Unternehmen und Bürgern nur in einer Win-Win-Situation liegen. Dieser steht jedoch das linke und grüne Oppositionsdenken entgegen, welches kontinuierlich neue Konfliktlinien durch ihre Politik- und Gewerkschaftsintervention zieht. Unternehmer verstehen sich jedoch schon lange als Teamplayer. Sie sind sich darüber bewusst, dass sie ohne motivierte Mitarbeiter nicht dauerhaft bestehen können. Unternehmer sind sich zudem durchaus im Klaren, dass jeder Cent, der irgendwo als Einkommen ausbezahlt oder als staatliche Leistung bereitgestellt wird, seine Ursprung in ihren Reihen hat. An ihrem Erfolg hängt der Wohlstand unserer gesamten Gesellschaft. Doch welche Zukunft haben unsere Unternehmen?
Über kurz oder lang müssen wir unseren Unternehmen alle Möglichkeiten einräumen, effektiv automatisiert, rationalisiert und in Echtzeit auf den Weltmärkten agieren zu können. Sie benötigen alle Freiheiten, kontinuierlich so viel Kapital wie nur möglich zu erwirtschaften.
Entgegen steht ihnen dabei eine lähmende Überregulierung. Unsere Unternehmen brauchen eine Flexibilitätschance. Hierzu sind unsere Verwaltung und unsere Rechtsvorschriften dringendst zu überdenken. Diese dürfen der Konkurrenzfähigkeit unserer Unternehmen keine Hürde, sondern müssen vielmehr ein offener Gestaltungsraum sein. Wer heute eine innovative Idee hat, muss sie morgen umsetzen, und übermorgen auf den Markt platzieren können.
Nie vorher war die Konkurrenzfähigkeit abhängiger, von den Kommunikationsmöglichkeiten, als heute. Hier knüpft direkt die Frage nach der Konkurrenzfähigkeit unserer Unternehmen in den ländlichen Regionen an. Die Marktzugangsgerechtigkeit verlangt die Chancengleichheit in der digitalen Kommunikation. Ohne den Ausbau der digitalen Infrastruktur ist diese Chancengerechtigkeit nicht gegeben. Deutschland braucht eine Infrastruktur- und Chancen-offensive.
Wird der ländliche und suburbane Raum nicht digital infrastrukturell erschlossen, wird der Mittelstand in weiten Gebieten nicht überleben können. Zudem besteht in infrastrukturschwachen Gebieten die Gefahr der fortschreitenden Auflösung der Mittelschicht. Eine ferne Folge des Zerfalls des Mittelstandes könnte die Konzentration der Wirtschaft auf Konzernstrukturen sein. Diese agieren supranational und sind schon heute eine Herausforderung für alle Regierungen dieser Erde. Zu Ende gedacht, könnte eine nahezu homogene Konzernstruktur in der Lage sein, ganze Gesellschaften zu transformieren, wenn sie nicht nur den Konsum befriedigt, sondern auch die Bedürfnisse der Bürger suggeriert. Macht außerhalb des politischen Mandats widerstrebt jedoch jedem Demokratieverständnis und würde durch gezielte Abhängigkeiten zur Herausforderung der Freiheit. Im derzeitigen Lockdown der Corona-Pandemie lässt sich dieser Prozess modellhaft beobachten. Klein- und Mittelständler sind aus dem Markt genommen und die Börsenwerte der Konzerne explodieren. Sobald der lokale Wettbewerb außer Kraft gesetzt ist, sind Konzernstrukturen die Gewinner.
Eine breite Verteilung von Wohlstand braucht also mehr und flächendeckende Wettbewerbs-chancen. Diese zu fördern und zu gestalten ist Aufgabe der Politik. Und hierzu hat sie dringend die fehlende Infrastruktur zu stellen.
Wie kann das Leben der Bürger in einer Zeit eines, vom Menschen mehr und mehr entkoppelten, Produktions- und Logistikzeitalters gestaltet sein?
Ein Teil der Bürger wird stets in Dienstleistungsberufen oder in lokalen Handwerksbetrieben tätig sein. Wie weit die Medizin, die Rechtsberatung, der lokale Handel oder andere Bereiche durch intelligente Technologien ersetzt werden, wird sich zeigen.
Es ist heute schon absehbar, dass sich auch dieser Arbeitsmarkt ändern wird. Wo wir heute noch Heizungsableser benötigen, werden zukünftig Smartmeter Verbräuche direkt an die Energieversorger mitteilen. Wo heute noch Bürger in die Arzt- oder Anwaltssprechstunde gehen, werden sie morgen schon digitale Sprechstunden wahrnehmen. Wo wir heute noch kleinere Ersatzteile im Handel kaufen, werden wir morgen vielleicht schon digitale Dateien kaufen und diese zu Hause in 3D-Druckern selbst herstellen. Selbst der 3D-Druck ganzer Gebäude ist heute schon keine Illusion mehr. Auch in der Bildung ist davon auszugehen, dass der digitale Unterricht eine immer größer werdende Rolle spielen wird. Heutige Bürojobs können zukünftig mit flexiblen Arbeitszeiten von zu Hause aus, in Parks, in Freibädern oder von jedem Ort dieser Welt aus getätigt werden. Große Infrastrukturen wie Bürogebäude, Schulen, Universitäten, Ärztehäuser könnten so baulich minimiert sein und Wohnraum und Erholungsräumen weichen. Auch hier werden digital unterstützt immer weniger Angestellte erforderlich sein. Selbst digitale Verwaltungen werden mit weit weniger Human Ressources auskommen. Wir werden also auch dort weniger Arbeit auf viele verteilen oder viele werden nicht mehr berufstätig sein. Wo liegt aber die Chance eines solchen Strukturwandels?
Wenn viele Bürger mehr Zeit haben, könnten kreative Think-Tanks entstehen, das kulturelle Leben könnte eine Blüte erleben und mehr Bürger hätten den Raum, sich in Vereinen sozialen Projekten, in der Kunst einzubringen und sich zu entfalten. Die individuelle Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung könnte eine völlig neue Dimension erreichen, wenn zeitgleich der Existenzdruck schwindet, d.h. wenn alle Bürger indirekt an der Wertschöpfung der Wirtschaft teilhaben. Nicht Umverteilung, sondern Teilhabe muss das Ziel sein, den Umverteilung ist Almosen und Teilhabe ist Würde.
An einen freien Gestaltungsraum der Unternehmen, die Einsicht in die Notwendigkeit der Arbeitsmarktrationalisierung und an die Möglichkeit der Partizipation an der bereitzustellenden Infrastruktur ist demnach die Verantwortung unserer Unternehmen zu knüpfen, so viel Kapital in die Gesellschaft zurückzuführen, dass jeder Bürger in Würde und Wohlstand lebt.
Zu bedenken ist zudem, dass in jeder Gesellschaft ohnehin ein Teil der Bürger die Hilfe anderer benötigen wird. In keiner Gesellschaft könnten alle Bürger bis in unser hohes Rentenalter arbeiten. In keiner Gesellschaft wird es nur Gesunde Bürger geben. Und in jeder Gesellschaft werden sich Bürger in ihren Ambitionen, Fähigkeiten und Fertigkeiten unterscheiden. Wer von unseren Bürgern zurück bleibt, muss in Würde leben dürfen. Wer Bürger zu Bittstellern herabsetzt nimmt ihnen diese Würde!
Würde bedeutet an dieser Stelle: Die Partizipation am gesellschaftlichen und kulturellen Leben, das Recht auf individuelle Mobilität, sich einen Urlaub leisten zu können und selbst seinen Platz in der Gesellschaft frei wählen zu können. Dies erfordert vor allem auch die Durchlässigkeit der vertikalen Hierarchie – Chancengerechtigkeit!
Tino Josef Ritter